Segelfliegen - Die Kunst des Fliegens

Neben dem Ballonfahren gilt das Segelfliegen als eine der romantischsten Flugkünste. Kein anderes Fluggerät hat so viele Gemeinsamkeiten mit dem Vogel wie das Segelflugzeug. Weder transportiert es Fracht noch Passagiere, noch versteckt es Waffen im Bauch – das Segelflugzeug ist einzig und allein für großartiges Fliegen konzipiert. Konzipiert für eine sichere Geschwindigkeit von bis zu 270 km/h, mit einem Gewicht von 450 kg und einer typischen Flügelspannweite von 20 m, verhält es sich in der Hand seines Piloten wie ein elegantes Streitross. Im Vergleich zu seinen motorisierten Kollegen wird der Segelflieger entweder als Dichter der Wolken gefeiert oder als eine Art „Himmelsspaziergänger“ ausgebuht. Er ist der Typ, der bei langweiligen Geschäftstreffen nostalgisch aus dem Fenster blickt und die Entwicklung der Kumuluswolken über fernen Bergen verfolgt. In der Tat muss der erfolgreiche Segelflieger eine Art schamanische Fähigkeit entwickelt haben, die es ihm ermöglicht, den Himmel zu lesen. Fliegen ist ein energieintensives Unterfangen. Energie wird bei Flugzeugen entweder durch Kerosin oder Benzin oder bei den meisten Vögeln durch biologische Prozesse bereitgestellt. Segelflieger spielen neben Adlern, Kondoren und Geiern in einer anderen Liga: Sie beziehen die Energie für ihren Flug aus der Atmosphäre.

Daher die Notwendigkeit der schamanischen Vision. Wo Fußgänger Landschaften, Wolken und Sonnenschein sehen, liest der Segelflieger konvektive Cumuluswolken, Leewellen und Konvergenzzonen. Diese wundervollen Vögel tragen dieses Gefühl seit jeher in sich.

Segelfliegen ist ein unauffälliger Sport. Sobald der Pilot sein Segelflugzeug vom Schleppflugzeug gelöst hat, entschwindet es dem irdischen Beobachter fast. Nur der aufmerksame Himmelsbeobachter kann eine kreuzförmige Silhouette bemerken, die hoch oben im Schatten einer Cumuluswolke kreist oder ihre Route entlang eines felsigen Alpenkamms verfolgt.

Für den Piloten entfaltet sich die Landschaft wie eine Symphonie. Er spricht zu den Hügeln, zu den Ebenen, zu den Bergen. Er nimmt das tiefe Grün der Wälder wahr, das helle Grün der Kulturen, das Gelb des Korns, die roten Punkte der kleinen Dorfdächer. Er überquert Pässe, lässt seinen Flügel vor Felswänden, Séracs und Gletschern gleiten.

Abends, während er leise zu seinem Heimatflugplatz zurückgleitet, betrachtet er den unglaublichen Stimmungswechsel in der abendlichen Atmosphäre. Lange Schatten prägen jedes Detail des Geländes. Letzte Lichtstrahlen verschmelzen mit dem vergänglichen Sommerstaub und erzeugen traumhafte Sonnenuntergänge.

In diesem Moment, während er ohne Impulse durch die ruhige Luft fliegt, bemerkt er, dass die einzige Bewegung der gesamten Flugmaschine sein eigener Herzschlag ist.

Spalinger S18 HB-411 von Willy Schwarzenbach über dem Juragebirge, 1973.

Die Geister wilder Tiere und geflügelter Vögel, wenn sie sterben, obwohl das kostbare Leben sie im Überfluss hat, bringt niemand in die Unterwelt. Vergeblich fliegen sie, bis eines Tages ein anderer Körper sie aus dem Hauch des Windes reißt. – Antike griechische Aussage, weit vor der christlichen Epoche -

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